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14.02.15

"Abe´ Wallumm?"


Die „Warum?“-Spirale
Da ist diese bekannte „Phase“ der Warum-Fragen, oder wie P. in der letzten Zeit noch singend ausspricht „Walluhumm?“ Wir kennen das, alle erzählen das, irgendwann kommt sie, diese Zeit und wir Erwachsene denken, „Hahh, endlich mal können wir mit der Erklärung der Welt loslegen!“.
Vor einigen Monaten (damals war P. 2,5 Jahre) gab es Tage, wo diese sich scheinbar endlos wiederholende Schiene der Warum-Fragen losging.  Es war immer nach dem Abholen vom Kinderhaus: ich habe was erzählt, was wir machen werden oder er hat gesehen, dass die Bim keinen Anhänger hat und dann ging es schon los. (Anm: Ohne Anhänger sind die Straßenbahnen in der Klassifizierung von P. nur „kleine Bim“, die richtige „Güteklasse“ die eigentlich zählt, ist die alte Straßenbahn mit Treppenstufen, bitte schön! Da sagt er dann „Schau, eine große Bim mit Anhänger, ganz groooße Bim, huijj! Und der fährt ganz hoch auf den Berg, tütütü.“)
Wallum, abe´wallum? Und ich antwortete, akkurat mal mit vollem Elan, dass ich ihm jetzt die Welt erkläre, mal (vor allem im Zustand der pre-caffeine-fix) mechanisch, mit dem inneren, heimlichen Wunsch: „Oh bitte, jetzt noch zehn Minuten nicht angesprochen werden, bitte nur noch ein paar Minuten, bis ich mich mental auf den Nachmittag mit Kind umschalten kann, bitte..“ Weil…, weil… weil… Und ich habe irgendwann gemerkt, entweder versteht er meine Erklärungen nicht – egal wie einfach, logisch oder selbsterklärend sie für mich mit erwachsenem Gehirn klingen – oder er versteht was davon, aber das alles „nützt“ nicht, weil er nicht aufhört, sich mit einer Antwort nicht zufrieden gibt und weiter „abe´wallum“-fragt. Bei einer Frage konnte ich nicht mehr antworten, ich habe gesagt, „ich weiß es nicht warum, was denkst du warum?“ Und da war plötzlich ein Moment der Stille. Pause. Da habe ich gemerkt: er will möglicherweise nicht die große Welterklärung und ich gehe mit dem (hier falschen) Ansatz der Erwachsenen heran, auf die Warum-Frage kausale Zusammenhänge aufzuzeigen. Irgendwas stimmt hier nicht: er will was anderes und ich weiß nicht was, nur spüre ich, dass mein Erwachsenendenken auf völlig anderen Schienen fährt, als sein kleinkindliches.
(Auf einer kleinen "großen Bim" ohne Anhänger irgendwo in Lissabon)
 
Was Kinder statt Kausalität lieber als Antwort bekommen
Im Dezember war ich dann im Montessori-Zentrum bei dem Vortrag Adaption in der Vortragsreihe Kinderhaus-Refresher, wo ich wieder ein Aha-Erlebnis (eigentlich mehrere) hatte: Kinder im Alter von 0 bis etwa 6 Jahren können unsere Kausalität nicht wirklich verstehen. Abstrakte Denkweise und Zusammenhänge verstehen kommt erst in der zweiten Entwicklungsstufe (6-12 Jahren).  Im Kleinkindalter kann daher eine Warum-Frage bedeuten, dass das Kind mit uns Erwachsenen in Dialog treten möchte. Wenn wir dem Kind das „Muster“ vorzeigen, dass es dann unsere Aufmerksamkeit und Zuwendung erst auf diese Frage bekommt, dann ist es auch eine Adaption, sprich eine Anpassung an unsere Erwachsenenwelt und an unser Erwachsenendenken. Eine Frage, die uns gestellt wird: Wollen wir, dass das Kind sich so an diese Welt adaptiert, dass Zeit und Zuwendung der Erwachsenen auf dieser Weise „erfragt“ wird?
Eine Warum-Frage kann bei einem Kleinkind also was anderes bedeuten, als wir Erwachsene in unserer kausal erklärten Welt prompt denken würden. Manchmal kann es einfach bedeuten: „Schau, mir (mir!) ist was aufgefallen!“ oder „Nimm Dir Zeit! Rede mit mir!“ Als Antwort auf die Endlosschiene „Warum“ kann – situationsabhängig – auch mal hilfreich sein Pause zu halten oder einfach zu sagen, „Ja, stimmt. Schau mal.“ Manchmal reicht auch die Antwort: „Das ist halt so.“
 
Ich habe schon mal erlebt, dass wir durch endlosen Warum-Fragen zu so einem Punkt kamen, wo ich auch keine Erklärung gefunden haben, da habe ich mich auch gefragt: „Ja, warum eigentlich?“ Mein Kind lehrt mich jeden Tag, natürlich auch etwas über mich selbst. Ich bin in meiner Erwachsenendenkweise, in Schienen von „Musts“, da wird mir dann eine sanfte Lektion erteilt:
- Wir müssen jetzt das und das erledigen, weil …tattarattata!
- Abe´ wallum?
- Weil wenn nicht, dann passiert … tattaratatta!
- Abe´wallum?
 
- Weil wir uns jetzt beeilen müssen, weil sonst sagen sie, dass … tattaratta!´
- Abe´ wallum?
- Weil ich jetzt müde und gestresst bin und habe keine Nerven für deine Fragen! Tattaratta!
 
-Abe´walluhumm?
 
- Ja, warum, eigentlich?
(Pause. Selbstreflexion.)

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